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Stadtgestalten 05

 

Euphrosina "Sina" Götzger

 

Malerin
1845–1935

Sina war die vierte und jüngste Tochter des Johann Jacob Götzger *1807-1897, Zimmermann, Rebell, Schulgründer.
Ihr Wunsch war es, Malerin zu werden. Sie schien begabt, der Vater glaubte an ihr Talent und traf eine mutige Entscheidung, indem er ihr das Studium an der Münchner Kunstschule - von 1869 bis 1871 - ermöglichte. Eine für jene Zeit unübliche Ausbildung für eine Frau. Sie schloss mit Bestnoten ab und arbeitete fortan als Porträt- und Landschaftsmalerin. Ihre künstlerische Stärke war das Handwerkliche, der Fleiß und der gute Wille. Ihre Devise lautete: „Wollt ihr leben, dann schafft etwas das Abnehmer findet.“ Die Lindauer Malerin L. Jordan schreibt in einer Gedenkschrift, dass Sina wohl der große, innere Impuls gefehlt habe, um eine eigene Handschrift in der Malerei zu finden.
Ihr Aufwachsen war geprägt von einem Frauenleben in Gehorsam und Fleiß, sie pflegte lebenslang ihre betagten Eltern Johann Jacob und Martina, sie blieb ledig.

Sie engagierte sich als Vorsitzende im Ersten Unabhängigen Verein für Fraueninteressen ab 1908. Diese Gruppe setzte sich aus bekannten Lindauer Bürgerinnen zusammen und ersetzte frühere amtskirchenabhängige örtliche Frauenvereine. Ab 1913 betreute Sina die Bücherstube des Vereins in der Linggstraße 18, Grundstock für die spätere Volksbibliothek. Vorträge zu folgenden Themen waren angesagt: Frauenbewegung und moderne Literatur – Die soziale Betätigung der Frau in der Kleinstadt – Wissenschaft und Technik im Haushalt.
War der Verein bis zum Ersten Weltkrieg nationalliberal und kaisertreu, tendierte er mit Kriegsbeginn hin zu nationalistischer Hetze des Bürgertums gegen die jeweils andere Nation – vor allem gegen Frankreich und England und orientierte sich nach 1918 an der neuen liberalen demokratischen Partei. Mit 1933 trennte sich der Verein von ihrem jüdischen Mitglied Clara Celum Nördlinger geb. Hilb. Die Eingliederung 1936 zugunsten der nationalsozialistischen Frauenschaft und damit Einreihung in das große Aufbauwerk des Führers musste sie nicht mehr miterleben.

 

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