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Damals - heute - morgen

 

Stadtplatz

 

Die Eintrittskarten in der Tasche verlassen wir den Museumsshop und werfen einen Blick in die Ausstellungsräume auf der anderen Seite des Vestibüls. Vorzeigen müssen wir das Ticket hier noch nicht, denn der Besuch des

„Stadtplatz“ im Cavazzen
ist kostenfrei! Zuletzt befanden sich in der Raumflucht entlang der Cramergasse Museumskasse und Garderobe, die nun in den bisherigen Sonderausstellungsbereich ziehen. An ihrer Stelle entstehen eine kleine Präsentation zur Geschichte des Cavazzen, seiner Erbauung und Bewohner sowie der zentrale „Stadtplatz“ als kreativer Freiraum – ein Ort für spannende Begegnungen und entspannten Aufenthalt.

Die Schichten der Zeit
Derzeit präsentieren sich die Räume so nackt und pur wie lange nicht mehr: Die Schichten der Zeit, die sich im Verlauf der Jahrzehnte in Form von Tapeten (und Schmutz) über die Mauern gelegt haben, wurden abgekratzt, späte Einbauten abgebrochen. So kann die kleine Suite wieder mit ihren schönen hohen Kreuzgewölbedecken punkten, die durch eine zweite Fensterreihe zusätzlich Licht erhalten.

Der Laden des Herrn Hildebrand
Was in den Räumen zu Zeiten des Bauherrn Johann Michaels I. Seutter von Loetzen vor sich ging, ist nicht bekannt. Womöglich unterhielt der Kaufmann hier weitere Lager- oder Büroräume. Für das 19. Jahrhundert sind mehrere Umbaumaßnahmen belegt, wie etwa die Geschossunterteilung durch eine Zwischendecke. Auf Plänen aus dem Jahr 1896 ist der nordöstliche Eckraum schließlich als „Laden“ mit angrenzendem „ Magazin“ ausgewiesen.

Über diesen Laden weiß die Ur-Ur-Ur-Enkelin Johann Michaels I. um 1944 in einem Aufsatz über die Geschichte des „Kawatzen“ zu berichten, ein gewisser Herr Hildebrand habe ihn betrieben: Er „führte so ungefähr allen Kleinkram, den die Lindauer brauchten: Tabak, Taschen, Bilderrahmen und Reiseandenken. Jährlich einmal fuhr er auf die Leipziger Messe und brachte jedem Lindauer Bürger etwas mit, aber wehe wenn diese es nicht brauchen konnten.“ Was den undankbaren Lindauern in diesem Fall drohte, verschweigt der Text.

Willkommen bei den Seutters
Zumindest Taschen und Reiseandenken waren auch über 100 Jahre später wieder im früheren Laden des Herrn Hildebrand zu haben: 2011 zog der Shop des Stadtmuseums in den Raum, der seit der Einrichtung des Museums im Cavazzen anno 1930 wiederholt umgenutzt und umgebaut worden war – als Teil der ersten Hausmeisterwohnung oder Domizil der Sammlung mechanischer Musikinstrumente, die hier um 1990 unterkam.

Das neue Museumskonzept sieht an dieser Stelle nun einen kostenfrei zugänglichen Ausstellungsbereich vor, dessen Zentrum ein symbolischer Lindenbaum markiert. In den angrenzenden Räumen heißen die Seutters und Baumeister Jakob Grubenmann die Besucher*innen willkommen und laden ein, in den oberen Etagen des Cavazzen die Reise durch die Lindauer Stadtgeschichte anzutreten. Was rund um die Linde passiert, wird gemeinsam mit den Bürgern der Stadt immer wieder neu zu verhandeln sein.

1 Frei gelegtes Gewölbe im EG des Cavazzen
Foto: Kulturamt Lindau
2 Die letzte Nutzung: Museumsshop
Foto: Kulturamt Lindau
3 Plan zum Ladeneinbau von 1896
Abb.: Stadtarchiv Lindau

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