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Museumsblog Lindau

Damals - heute - morgen

 

Im ersten Obergeschoss

 

Betreten (meistens) verboten – im Cavazzen ist Baustelle! Auch wenn es demnächst gelegentlich öffentliche Führungen geben wird, setzen wir an dieser Stelle unseren virtuellen Rundgang fort: Anhand ausgewählter Räume und Bereiche im Cavazzen stellt Museumsleiterin Barbara Reil das Gebäude vor und gibt Einblick in die Pläne für seine Neugestaltung.

Nachdem wir uns in der erdgeschossigen Präsentation zur Geschichte des Cavazzen und beim Besuch der „Katakomben“ auf das Haus eingestimmt haben, folgen wir der Beschilderung in den ersten Stock und tauchen ein in die

Dauerausstellung im Piano Nobile des Cavazzen
Treten wir aus dem Treppenraum ins Vestibül der Beletage, wird unser Blick von den verkohlten Balken einer spätgotischen Holzdecke angezogen, die zum barocken Interieur des Seutter’schen Wohnhauses nicht so recht passen will. Tatsächlich stammt sie aus dem Alten Rathaus, wo die Museumssammlungen bis 1930 untergebracht waren: Dort brach 1929 ein Feuer aus, das die wertvollen Kulturgüter zwar weitgehend verschonte, geschichtsbewusste Lindauer wie den Industriellen Ludwig Kick aber dennoch nachhaltig traumatisierte. Kick erwarb daraufhin den Cavazzen, um ihn der Stadt als Museum zur Verfügung zu stellen. Zur Erinnerung an die Brandkatastrophe zog die verbrannte Gewölbedecke aus dem komplett ausgebrannten kleinen Sitzungssaal des Rathauses mit ins neue Museum um.

Der letzte Cavazzen-Bewohner mit Namen Seutter – Emil Seutter von Loetzen – hatte den einstigen Familienstammsitz bereits Jahre zuvor verlassen: Nachdem er das Anwesen erst in den 1890er Jahren mit seinem Bruder Richard aufwändig hatte modernisieren lassen, wurde ihm das alte Gemäuer nur wenig später zu ungemütlich. 1911 zog er mit Frau und Kind in die „Villa Rosenhof“ und war 1929 gern zum Verkauf des Cavazzen bereit.

Charmant barock
Im Rahmen der nun folgenden – gleichfalls von Kick finanzierten – Sanierung wurden die oberen Etagen des Großen Cavazzen als Ausstellungsräume ertüchtigt. Bis dahin hatten sich hier die Seutter’schen Privatgemächer befunden, in denen zuerst Johann Michael I. und seine Frau Veronika logierten. Das bauzeitliche Raumgefüge mit seinen großzügigen Suiten hat sich in diesem Bereich des Hauses über die Jahrhunderte weitgehend unverändert erhalten und besticht bis heute mit seinem „barocken“ Charme.

Zurückhaltend angepasst
Nur zurückhaltend haben spätere Generationen den Wohnbereich ihrem gewandelten Komfortbedürfnis und Geschmack angepasst: Sei es durch den Einbau zusätzlicher Kamine oder aufwendig gemusterter heller Parkettböden, unter denen im 19. Jahrhundert die dunklen Dielen aus der Erbauungszeit verschwanden. In die Phase der Museumseinrichtung datieren Elemente wie die mannshohe Wandvertäfelung, die dem nordöstlichen Eckraum das Gepräge eines Renaissance-Kabinetts verleihen sollte – hier befand sich eines der sog. „historischen Stilzimmer“, die den Charakter des Stadtmuseums nahezu 90 Jahre lang maßgeblich prägten.

Trotzdem modern
Mit den diversen Zeitschichten des Gebäudes geht auch die laufende Sanierung behutsam um: Der Cavazzen soll sich auch künftigen Besucher*innen als historisch gewachsenes Ensemble darstellen. Dennoch wird das Gebäude bei alledem ebenso als modernes Museum in Erscheinung treten. Dies betrifft neben der Ausstattung und Haustechnik, die heutigen Sicherheitsstandards entsprechen, in besonderer Weise die Ausstellungsgestaltung.

Im ersten Obergeschoss haben die Besucher*innen die Wahl zwischen zwei Rundgängen, die großen Entwicklungslinien der Lindauer Stadtgeschichte folgen. Inhaltliches Leitmotiv sind vor allem die Geschichte(n) des grenzüberschreitenden Austauschs und Transfers. Als dessen eindrucksvolles Monument erscheint auch in diesem Bereich immer wieder gerade das Museumsgebäude selbst.

1 Baustelle im 1. OG des Cavazzen
Foto: Wolfgang Huang
2 Gefahr für die Sammlung: Rathausbrand 1929
Abb.: Stadtarchiv Lindau, LI 19290129
3 Vestibül der Beletage vor der Sanierung
Foto: Kulturamt Lindau

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