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Zum Hochzeitstag: Paula & Otto

 

  • Paula und Otto Modersohn in ihrem Garten vor der Veranda, um 1904 © Paula Modersohn-Becker Stiftung, Bremen

Paula und Otto Modersohn in ihrem Garten vor der Veranda, um 1904 © Paula Modersohn-Becker Stiftung, Bremen

Wir wünschen allen Brautpaaren, die im Mai geheiratet haben, alles Gute, viel Glück und Gesundheit! Auch das Künstlerpaar unserer aktuellen Ausstellung „Paula & Otto“ heiratete am 25. Mai 1901.

Bereits in der Verlobungszeit beschäftigten sich beide mit der Ausgestaltung des zukünftigen Ehelebens, insbesondere mit der Gewichtung der Pole „Beruf“ und „Familie“. Dieses Phänomen ist typisch für Künstlerpaare um 1900. Das befreundete Worpsweder Malerpaar Fritz Overbeck und Hermine Overbeck-Rohte hinterlässt beispielsweise einen regen Briefwechsel, in welchem sie vor der Ehe, im klassischen Verlobungsjahr, austarieren, ob Hermine nach der Hochzeit den Konventionen folgend ausschließlich Hausfrau und Mutter sein wird oder auch weiterhin als Malerin tätig sein kann.

Denselben Fragen müssen sich auch Paula und Otto stellen, wenngleich sie sich für ein fortschrittlicheres Ehemodell als die Overbecks entscheiden. So schreibt Paula entschlossen an ihre Mutter: „Ich will meine Jungesellenzeit noch recht zum Lernen wahrnehmen; denn daß ich mich verheirate, soll kein Grund sein, daß ich nichts werde.“ Im selben Brief betont sie trotzdem auch Werte, die traditionell Frauen zugeschrieben werden: „Ich wundere mich oft, wie einsichtig und sanft ich zu ihm bin. Das kommt wohl von der Liebe. Ich werde, glaube ich, eine ganz gute Frau.“ (Paula Becker an die Mutter, Worpswede, den 3. November 1900)

Otto zeigt sich aufgeschlossen gegenüber den künstlerischen Ambitionen seiner Frau: „O welches Glück ist es doch für mich, daß ich meine Paula gefunden, ein nicht hoch genug zu schätzendes Glück für mich. Gerade so ein Mädchen tut mir not.“ (Aus Otto Modersohns Tagebuch, 26. November [1900]). In seinem Tagebuch schreibt er über Paula nicht nur als Geliebte, sondern in langen Passagen auch über ihr künstlerisches Schaffen. Er betont, dass eine Frau nicht nur für Haus und Kind zuständig sein, sondern auch ein geistiges Leben führen sollte, sonst wäre die Ehe langweilig.

Aller Modernität zum Trotz folgt Paula dem Wunsch ihrer Eltern und fängt in Vorbereitung auf die Ehe in Berlin einen Kochkurs an, den sie nach zwei Monaten allerdings wieder abbricht. Aus Berlin schreibt sie an Otto: „Und Du, das „Kleidchen“, was Du mir zum Geburtstag schenktest, das wird mein Hochzeitskleid. Denk mal. Das lasse ich mir hier machen. Und dann bin ich ungefähr fertig. (Paula Becker an Otto Modersohn, Berlin Eisenacher Straße 61, den 12. Februar 1901) 

Ihrer besten Freundin Clara Westhoff, die im selben Jahr im April Rainer Maria Rilke geheiratet hatte, schreibt sie kurz vor der Hochzeit: „Wir heiraten wahrscheinlich am Sonnabend vor Pfingsten.“ (Paula Becker an Clara Westhoff, Worpswede, den 13. Mai 1901)

Eine Mischung aus Paulas Zielstrebigkeit und Ottos Verständnis macht ihre Künstlerehe fortschrittlich und besonders. Paula behält auch nach der Hochzeit ihr eigenes Atelier und fährt wiederholt für einige Monate nach Paris. Otto unterstützt sie in ihrem Schaffen – auch finanziell. Die Hochzeit, die für andere Künstlerpaare einen Rückschritt in alte Rollenmuster darstellt, ist für Paula und Otto kein Hindernis Familie und Beruf(ung) für beide Ehepartner zu ermöglichen. Trotz Reibungen, Höhen und Tiefen in der Ehe hält Otto an dieser Idee fest. Ein Jahr vor Paulas tragischem Tod schreibt er: „Paula, wir wollen zusammenstreben, der eine den anderen fördern, ein feines Künstlerpaar […] – das war und ist einer meiner schönsten Träume.“ (Otto Modersohn an Paula Modersohn-Becker, 25. April 1906)

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